Praxis-Tipps
Online seit: 28.8.2021
Die Schlüssel erfolgreicher Kommunikationskampagnen
Was macht eine Kommunikationskampagne wirklich erfolgreich? Die kreative Idee? Die besondere Strategie – beispielsweise wenn Kunden im Social Web zu Mitmachern gemacht werden? Der Maßnahmen-Mix? z.B. bunt und vielfältig? Das Budget? Das Produkt, das Thema oder die Botschaft? Sicherlich, all diese Faktoren spielen bei der Umsetzung eine Rolle und entscheiden mit darüber, ob eine Kampagne ihre Ziele erreichen kann.
Gemeinsam mit meinen Studenten schaue ich mir seit vielen Jahren jedes Semester erfolgreiche Kommunikationskampagnen an und lasse sie rekonstruieren, um zu verstehen, was die Erfolgstreiber dahinter sind. Es hat sich gezeigt: Es sind vier Erfolgsschlüssel, die sich bei allen wirkungsvollen Kommunikationskampagnen zeigen. Wir haben sie die „Four K‘s of Success“ genannt:
K 1: Kreativität. Ohne die eine Idee mehr geht fast nichts. Um hinreichend Aufmerksamkeit zu erlangen, muss die Kommunikation anders sein als in den Vorjahren und anders als bei den Mitbewerbern. Dabei ist es gerade nicht die freischwebende Kreativität des Künstlers, die für Erfolg sorgt, sondern vielmehr die vielleicht phantasievolle, aber vor allem erdverbundene Lösungsinnovation. Als Mercedes Nutzfahrzeuge seinen skeptischen Kunden aus der Handwerkerschaft sagen wollte, dass sie Handwerkerbedürfnisse versteht und mit höchstem Respekt behandel, haben sie die Kampagne „Meister vs. Meister“ aus der Taufe gehoben. Fußballteams aus Handwerksmeister-Betrieben konnten sich bewerben, um gegen Ex-Fußballweltmeister um Sepp Meier und Andy Brehme herum in einem Fußballspiel anzutreten. Über 1.000 Betriebe hatten sich beworben und die Begeisterung war nachhaltig.
K 2: Kommunikativer Zusatznutzen. Relevante Kommunikation muss zumindest partiell zum Selbstläufer werden, d.h. die Inhalte werden von Redaktionen offline oder online, von Bloggern oder Fans im Internet aufgegriffen. In Erinnerung sind die provokativen Fotomontagen von Benetton geblieben: Auf nur wenigen in Italien veröffentlichten Plakaten war zu sehen, wie sich Papst Benedikt VXI und der ägyptische Iman Ahmed el Taijib, Merkel und Sarkozy, Obama und Chavez küssen. Doch die Wirkung war enorm: Für einen Tag beherrschten die Fotomontagen die Medien in ganz Europa. Dieser Effekt war – wie in vielen weniger spektakulären Fällen auch – geplant. Tatsächlich findet relevanter Content – egal ob dabei im Mittelpunkt ein innovatives Produkt oder eine nachrichtenwertige Botschaft, eine ungewöhnliche Handlung oder eine populäre Persönlichkeit steht – immer den Weg in die Earned Media.
K 3: Kohärenz. Ziele und Maßnahmen, Strategie und Botschaft müssen zusammenpassen. Das ist klar. Außerdem weiß jeder: Einmal-Effekte verpuffen. Doch hier geht es um mehr. Wichtig ist der nachhaltige Fit zwischen Produkt, Thema bzw. Unternehmen und die den User begeisternden und/oder die nachrichtenwertige Botschaft. Ein gutes Beispiel für den gelungenen Fit von Produkt und Bewegbildkommunikation im Internet ist der Stresstest von Nivea, der allein auf Youtube zu fast 7 Millionen Aufrufen geführt hat. Nachhaltiger ist die Pampers-Kampagne, die verspricht, bei jedem Kauf einer Pampers-Packung eine Tetanusspritze für ein Neugeborenes mitzufinanzieren: Für dankbare Mütter also, die noch etwas Gutes für andere Babies und deren Mütter tun wollen. Übrigens basiert die Kampagne auf einer Kooperation mit Unicef, die seit 2006 läuft und zu 300 Millionen verabreichten Impfdosen in 26 Ländern geführt hat.
K 4: Kollektivbezug. Aufmerksamkeit kann nicht willkürlich hergestellt werden. Kommunikation trifft immer auf vorstrukturiertes Interesse: Autos weisen beispielsweise eine höhere Grundaufmerksamkeit auf als Waschmaschinen, Kaffeepreise eine höhere als der Schokoladenpreis. Nachrichtenwerte, Trends und aktuelle Bezüge sind wichtige Unterstützer bei der Organisation von öffentlicher Wahrnehmung. Sportereignisse, etwa wie die Fußball-Weltmeisterschaft, werden deswegen immer wieder gerne auch von Unternehmen und Organisationen genutzt, die selber keine offiziellen Sponsoren sind. Dove hat mit seinen erfolgreichen Kampagnen gegen Modell- und Jugendwahn zahlenmäßig starken, aber unzufriedenen Kundengruppen eine Stimme, Argumente und Bilder gegeben, mit denen sie sich identifizieren konnten.
In der Kommunikation gibt es bekanntlich keine Wirkungssicherheit, sondern es geht immer um das Management von Wahrscheinlichkeiten. Auch wenn Pretests durchgeführt werden. Doch die vier K’s – Kreativität, kommunikativer Zusatznutzen, Kohärenz und Kollektivbezug – können erfahrungsgestützt helfen, die Erfolgswahrscheinlichkeit einer geplanten Kampagne zu prüfen.
Autor:
Prof. Dr. Lothar Rolke lehrt Betriebswirtschaftslehre und Unternehmenskommunikation an der Fachhochschule Mainz, University of Applied Sciences. Er ist dort Sprecher des Studienschwerpunktes Kommunikationsmanagement. Seit über 20 Jahren berät er namhafte Unternehmen und Verbände in Fragen von Unternehmenskommunikation, Krisenmanagement und Kommunikations-Controlling.
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